Dschungellodge

 

Unterwegs im Amazonastiefland

 

 

 

Für einige Tage sind wir ins Amazonastiefland eingetaucht. Bereits die Landebahn von Puerto Maldonado ist eine schmale Schneise im dichten Regenwald. Bei 36 °C und 99 % Luftfeuchtigkeit, unter dunklen Gewitterwolken, stiegen wir über die selbe Gangway aus, über die 3 Tage zuvor Papa Francisco geschritten ist. Überwältigende Flora, beeindruckende Fauna, bedrohliche Entwicklungen, mehr als offene Lodge, persönlichen Guide und jede Menge Information über Peru und seinen Regenwald.

 

 

 

Überwältigende Flora

 

Der Regenwald im östlichen Amazonasbecken weist eine mehr als üppige Vegetation auf. Pflanzen in Bodennähe müssen in Bezug auf Licht sehr genügsam sein. Denn die mehr als 40 m hohen und bis zu 700 Jahre alten Baumriesen greifen ineinander und auf ihnen schlängeln sich Lianen mit bis zu 20 cm Durchmesser. Unten ist es daher eher Dunkel und alles bloß grün in grün. Sobald jedoch einer dieser Riesen vom Blitz getroffen wird oder nach heftigen Regenfällen von starken Windböen entwurzelt wird (die Wurzeln reichen zumeist nur auf rund 1 m Tiefe – darunter sind keine Nährstoffe zu finden und Wasser gibt es auch weiter oben in Überfluss) beginnt es in allen Farben zu blühen, bunte Schmetterlinge tummeln sich und zahlreiche Vogelarten nutzen diese „Oasen“ mitten im hohen Regenwald. Auf einem unserer zahlreichen Ausflüge, gelangten wir nach mehr als einer Stunde Anmarsch zum ältesten Baum in der Region (einem Ficusbaum mit mehr als 40 m Höhe und einer persönlich gemessenen Basisbreite von 9 m), der an Hand von wissenschaftlichen Untersuchungen ein Alter von mehr als 700 Jahren aufweist. Wirklich überwältigend war der Ausblick vom 37 m hohen Tower – hier konnten wir die Baumblüten und -früchte gleich am ersten Abend zum greifen Nahe betrachten, beobachteten die vielen Vögel die sich hier tummeln und genossen darüber hinaus den Sunset in schwindelnder Höhe. Da es an den folgenden beiden Tagen zum Zeitpunkt des Sonnenuntergangs (6.15 p.m.) so richtig geschüttet hat, schätzten wir dieses Erlebnis erst recht. Beate kostete es einiges an Überwindung, die vielen Stufen auf dieser zwar gut verankerten aber dennoch äußerst wackligen Anlage zu erklimmen.

 

 

 

Beeindruckende Fauna

 

Im Boden, im Wasser, auf den Pflanzen und in der Luft tummeln sich unzählige Lebewesen – und viele davon bekamen wir zu sehen. Aber um sie zu sehen, muss man einige Mühen auf sich nehmen, Aufstehen um 4.30 a.m. und kurze Zeit später gings bereits zum ersten Ausflug im Morgengrauen. Sonnenaufgang war kurz vor 6 a.m. – aber da saßen wir bereits längst in einer bestens getarnten Beobachtungshütte oder auf einem von Hand angetriebenen Katamaran und glitten über einen See. Nach einem ausgiebigen Frühstück um 7.30 a.m. gings nach kurzer Verschnaufpause auf zum nächsten Dschungelwalk. Um 11 a.m. dann die schweißgebadete Rückkehr und ab unter die Dusche. Um 1 p.m. gabs Lunch und dann bis 3 p.m. eine ausgiebige Mittagsrast mit anschließender Besichtigung der Dschungelfarm und am nächsten Tag einen Rundgang in einer Anlage von Medizinpflanzen – übrigens interessieren sich die Pharmakonzerne für die Wirkstoffe dieser Pflanzen, die Patente darauf anmelden wollen. Cesar, unser persönlicher Guide, legte mir besonders para para ans Herz, denn der Wirkstoff übertrifft die Wirkung der blauen Tabletten von Pfizer bei weitem. Nach dem Sonnenuntergang dann noch rasch ein Nachtspaziergang im Dschungel, bei dem man insbesondere Frösche, giftige Skorpione und Giftschlangen beobachten kann. Um 7.20 p.m. dann der Dinner und um 8 p.m. nach einem Pisco sour an der kleinen Bar fielen wir ins Bett. All diese Anstrengungen wurden mit beeindruckenden Tierbegegnungen belohnt: wir sahen den weißen Fluss Kaiman (gehören zur Familie der Alligatoren), den großen schwarzen Seekaiman, den man nach Einbruch der Dunkelheit nur einmal im Wasser begegnen kann (weil man mit Sicherheit zum Dinner für den Kaiman wird), die Riesenotter, die bis zu 2 m lang werden und die Aras, die giftige Früchte fressen und zur Neutralisierung an den Steilhängen Lehm aufnehmen müssen und dabei herrlich zu beobachten sind.

 

Aber keine Regel ohne Ausnahme – einige Tiere konnten wir unmittelbar vor oder in unserem Zimmer beobachten. Aber der Reihen nach. Am 2. Nachmittag – wir wollten uns gerade ausrasten, besuchte eine Horde Affen (2 Affenarten mit zusammen rund 100 Individuen) schwangen sich 3 m vor unserem – an einer Seite komplett offenem Zimmer – von Ast zu Ast. Wie vor einer Kinoleinwand – nur live - an Pause war da natürlich nicht mehr zu denken und unsere Nikon klickte mehr als einmal. Auch ein zweites Mal mussten wir uns gar nicht anstrengen um eine Tierbeobachtung aus nächster Nähe erleben zu können. Es war um 8.30 p.m., wir huschten gerade hinter unser Moskitonetz (wäre eigentlich gar nicht notwendig gewesen, denn die paar Moskitos die es hier gibt, sind für Marchfeldbewohner ein Klacks) und drehten das Licht ab, als es neben Beates Kopf verdächtig raschelte. Ich knipste unsere Taschenlampe an und sah heftige Bewegungen in der Schokoladetüte aus Ecuador mit den köstlichen fruchtgefüllten Schokoladekugeln. Ich sprang auf, packte die Tüte und verfrachtete sie zur offenen Seite unseres Zimmers. Dort schaute dann eine Beutelratte aus dem Sackerl, das ich samt Inhalt schleunigst entleerte. Zu Beate sagte ich, es sei eine Fledermaus gewesen, denn die Wahrheit hätte sie um den Schlaf gebracht. Erst als Beate Cesar von der Fledermaus heute beim Frühstück berichtete, schüttelte dieser gleich den Kopf und sagte, das war keine Bat, das war eine Beutelratte, die nützen nämlich jede Gelegenheit, um an Schokolade zu gelangen. Jedenfalls fiel Beate der Abschied von der Lodge nicht mehr ganz so schwer. Übrigens überlebte die Ratte den Sturz nicht und war am nächsten Morgen – ebenso wie die gesamte Schokolade – bereits zur Hälfte verspeist.

 

 

 

Bedrohliche Entwicklungen

 

Das Amazonastiefland umfasst rund 60 % der peruanischen Landesfläche. Aber nur noch ein Drittel des Tieflands weist eine ursprüngliche Regenwaldvegetation auf. Immer mehr Flächen werden brandgerodet und in landwirtschaftliche Bewirtschaftung genommen, oder als „Miningarea“ zur Goldsuche verwendet. Die Rechte der Ureinwohner werden dabei kaum beachtet und Korruption spielt eine wesentliche Rolle. Papst Francisco hat in seiner Predigt in Puerto Maldonado am 21.1. diese Tatsachen angesprochen und an die Verantwortlichen appelliert, endlich umzudenken. Sowohl vom Flugzeug aus, als auch bei der Fahrt von Puerto Maldonado an den Fluss Rio Tambopata (dieser entspringt in Peru, fließt dann weiter nach Bolivien und mündet schließlich in Brasilien in den Amazonas) sahen wir unzählige kleinflächige Brandrodungen, auf denen dann neue Siedlungen errichtet werden. Leider sind auch die erodierten Flächen bereits aus der Luft zu erkennen, denn der Boden unter dem Regenwald ist nährstoffarm, seichtgründig und weist nur einen äußerst geringen Humusgehalt auf. Dieser ist nach wenigen Jahren in großflächiger landwirtschaftlicher Bewirtschaftung erschöpft und der Boden erodiert. Nachhaltiger erscheint mir die kleinräumige landwirtschaftliche Bewirtschaftung, bei der auf rund 2 ha pro Betrieb mehr als 50 verschiedene Pflanzenarten (Bäume, Sträucher, Gemüse, Getreide, Mais etc.) kultiviert werden. Aber ohne Pestizide geht es auch hier nicht ab, selbst auf der Vorzeigefarm habe ich leere Pestizidbehälter gefunden und bei unseren relativ kurzen Fahrten durch die Farmgebiete zahlreiche Bauern mit Rückenspritzen beobachtet. Erhalten werden kann der Regenwald nur durch Zahlungen aus der „Ersten Welt“ – sei es im Zuge des Ökotourismus oder für Rodungsverzichtsprämien (rund 200 US $ pro ha und Jahr).

 

 

 

Posada Amazonas Lodge

 

Die Lodge liegt mitten in einem Nationalpark und wird von einem Investor (rund 30 % Anteil) und der örtlichen Dorfgemeinschaft (rund 70 %) betrieben. Vom Ertrag der Lodge wurde sowohl das lokale Gesundheitssystem wesentlich verbessert als auch 2 weitere Lodges flussabwärts finanziert. Die Refugio Lodge dient als weitere Besucherlodge, die 2. Ist eine Forschungslodge rund 6 Bootsstunden entfernt. Die Mitarbeiter der Lodge stammen zum Großteil aus der Dorfgemeinschaft (Manager, Guides, Hotelpersonal, Bootsfahrer, Busfahrer etc.), alle gehen sehr höflich und freundschaftlich miteinander um und man fühlt sich wohl als Gast. Das ganze Projekt ist sehr nachhaltig angelegt, die ursprüngliche Finanzierung stammt aus den USA und für die wissenschaftliche Betreuung sind Uniinstitute in Deutschland und Österreich mitverantwortlich. Die Posada Lodge wurde 1996 eröffnet und die wichtigsten Mitarbeiter – vor allem die Guides – wurden und werden auf Projektkosten zur Ausbildung nach Lima geschickt. Besonderer Wert wird auf die persönliche Betreuung gelegt. Wo man was wann am besten sehen kann, unter den jeweiligen Witterungsbedingungen (besonders schwierig während der Regenzeit von Dezember bis Mai) all das wissen die Guides. Neben Spanisch sprechen alle ausgezeichnet Englisch, manche auch Deutsch, Französisch, Portugiesisch oder auch asiatische Sprachen, besitzen eine fundierten naturwissenschaftlichen Ausbildung und lassen niemand alleine in den Dschungel, denn neben 2 giftigen Skorpion Arten gibt es 5 giftige Schlangenarten und eine hochgiftige Riesenameise. Bei jeder Mahlzeit sitzen die Guides mit ihrer Kleingruppe (meist 2 bis 5 Personen) gemeinsam am Tisch, man bespricht die nächsten Aktivitäten und hat darüber hinaus jede Menge Zeit über Bevölkerungsentwicklung (Cesar hat 13 Geschwister, die nächste Generation höchstens 3), Schulsystem, Korruption, Dorfgemeinschaften etc. zu plaudern.

 

Mehr Bilder folgen sobald das Internet funktioniert.